Einen Selbstverteidigungskurs absolvieren

 

Nun, dieser Erfahrung gehört sicherlich zu den wirklich guten der letzten Zeit. Vor allem, weil es mir durch das Training manchmal sehr geholfen hat, meine ganze Verzweiflung einfach rauszuprügeln 🙂

Zehn Einheiten und zwei Bad Man Days habe ich absolviert und hier nun der Beitrag, den ich damals – nach der ersten Bad Man Day-Einheit bereits in den Computer geklopft habe, aber dann nicht mehr fertig geschrieben habe. Hier der Beitrag vom 14. März 2017:

Das absolute Highlight war sicherlich der erste Bad Man Day, obwohl die letzten zwei Einheiten auch sehr interessant waren und ich mich jetzt nicht nur aus allen Festhalte-Attacken befreien kann, sondern auch wenn man mich von vorne, von hinten und von der Seite würgen möchte. Finde ich super!

Aber zurück zum Bad Man-Day:

Zuerst habe ich ja befürchtet, dass ich gar nicht mitmachen kann, bzw. hatte ich vor gar nicht mitzumachen, weil mein Ellbogen war in einem sehr mitleidigen Zustand und ich konnte kaum den Arm heben. Also nichts mit hinhauen und meinen Lieblingsschlag ausprobieren: den Ellbogen-Kiefer-Zertrümmerer-Schlag 😦

Ich bin natürlich trotzdem hin mit silbergrauem Glitzerhosen und einem Topfenumschlag um den Ellbogen – anschauen musste ich mir es ja auf jeden Fall 🙂

Nun, was soll ich sagen? Bei so viel Adrenalin im Raum konnte ich mich nicht entziehen 😀 Ich habe Ellbogen Ellbogen sein lassen und mir für zwei Kämpfe selbst die Boxhandschuhe angezogen – und es war ein echt arges Erlebnis!

Wir sind es ja nicht unbedingt gewöhnt, dass wir auf jemanden mit voller Kraft einprügeln, ihn treten und zuschlagen solange bis er am Boden liegt – und dann auch noch weitertreten! Nun, aber genau DAS war die Übung: 1. über die Hemmschwelle hinwegzukommen, wirklich zuzuschlagen (noch dazu auf eine Person, die wir alle gut kenne und schätzen und 2. eine Minute Kampf durchhalten.

Wolfgang war unser „Täter“ und Andi der Aufpasser und Koordinator. Wir waren ca. 24 Frauen, die zwei Mal auf den armen Mann eingeprügelt haben, aus dem Grund war er natürlich dementsprechend gepolstert, aber das hat – wie er uns in der nächsten Einheit erzählt hat – nicht so genützt, dass er keine Blessuren davon getragen hat (noch dazu hatte er in der Woche nicht nur uns, sondern den Kurs danach und dann noch mal jeweils zwei Kurse am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag! fragt mich nicht, wie viele Frauen in der Woche auf ihn eingeprügelt haben! Er meinte nur – zu Recht – er hat jetzt für die nächsten zwei Wochen genug und den Anzug hat er am Donnerstag nach der letzten Einheit in den Müll geworfen, denn der war hin … nur damit ihr so einen Eindruck bekommt, dass wir da wirklich mit Vollelan hintreten ;))

Also hier Wolfgang in Vollmontur 🙂

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Also, Wolfgang war bereit und wir … naja … etwas ängstlich, aufgeregt, belustigt, mit sehr erhöhtem Puls und was sonst noch so dazu gehört.

Unsere erste Aufgabe bestand darin, einfach hinzuhauen, uns an so viele Kicks, Tritte und Tricks, die wir gelernt haben, zu erinnern und einzusetzen. Wolfang hat uns nicht angegriffen, nicht festgehalten oder sonstiges. Es ging einfach nur ums „Warm werden“, wie er so schön meinte, und die Hemmschwelle überwinden. Und ihn zu Boden zu bekommen, und so lange weiter zu machen, bis er sich nicht mehr „rührt“. Hier ein paar Eindrücke von meinen Mitstreiterinnen 🙂

Als sich die letzten zwei fertig gemacht haben, hat es mich nicht mehr gehalten und ich bin auch prügeln gegangen 😀 Ich muss sagen, ich hatte kein Problem hinzuhauen – aber ich wusste ja auch, worum es ging und habe ich mich dementsprechend gleich in Range gepumpt. War echt eine gute Geschichte – doch ziemlich anstrengend und nachher pumpt das Adrenalin nur so 😉

Bei der zweiten Übung ging es dann wieder um Angriff, aber diesmal mussten wir eine Minute durchhalten und er würde uns angreifen, festhalten, die Füße wegziehen, etc. Also nicht nur einfach dastehen und sich schützen sondern auch hingreifen – nicht viel, aber doch.

Hier die liebe Giulietta in voller Action 🙂

Okay, wie ging es mir damit? Es war wirklich heftig! Erstens ist eine Minute höllisch lang und mir ging sehr schnell die Kraft aus und zweitens kam irgendwann dazwischen – v.a. als er wieder aufgestanden ist und mich von den Füßen gerissen hat – diese Panikschub: den krieg ich nicht runter, den krieg ich nicht klein! AAAHHH!!! Das war echt kein leiwandes Gefühl…

ABER Gott sei Dank waren ja da Andi UND Wolfgang, weil beide dich immer wieder anstacheln weiter zu machen, weiter zu treten, weiter zu kämpfen, weiter zu schlagen und du tust es. Und so lernst du, dass du es – wenn es hoffentlich niemals der Fall sein wird – auch weiter machst und nicht irgendwann einfach aufgibst, weil du das Gefühl hast, du kriegst ihn nicht klein. Es ist ein unglaubliches Mentaltraining – hart, nervenzerfetzend, anstrengend, grenzenüberwindend – aber es ist auch gut und wichtig.

Natürlich kann man jetzt sagen, Wolfgang hat uns „unterstützt“, indem er sich hat fallen lassen, etc., doch er hat uns nachher gesagt, er hat sich erst fallen lassen, wenn der Kick gut war, wenn er – hätte er den Anzug nicht an – zu Boden gegangen wäre. Und wenn wir zu langsam waren, oder aufgehört haben, dann ist er eben wieder aufgestanden 😀

Verrückt war es schon, wenn die Frauen sich immer wieder automatisch bei ihm entschuldigt haben, wenn er „Nein“ oder „Ah“ oder „Aua“ gerufen hat UND aufgehört haben – UHH, da bekamen wir sofort die Anweisung weiter zu machen 😀 Aber es ist einfach in uns drinnen und das stellt man nicht so leicht ab.

Schlimm war es eher zwei Frauen zu beobachten, die es nicht konnten, die nicht mitgemacht habe, obwohl sie sonst beim Training voll dabei sind; die eine konnte es nicht, weil sie nicht hinhauen konnte; die andere hatte bereits eine böse Erfahrung gemacht und war deshalb im Kurs. Als sie aber wieder in die Situation kam, angegriffen zu werden, war es vorbei. Sie ist zusammen gebrochen und hat geweint, ABER sie war tapfer und hat sich alles angeschaut und gemeint, sie wird es beim zweiten Bad Man Day noch einmal versuchen 🙂

Sonst waren die letzten zwei Einheiten wirklich toll und ich habe viel gelernt, wie man sich mit einfachen Hebelbewegungen und komplizierten – aber sehr effektiven – Methoden aus Festhaltegriffen befreit und was man tun kann, wenn man von allen möglichen Seiten und Arten gewürgt wird. Ist schon irgendwie WOW.

Jetzt haben wir nächsten Montag noch eine Einheit, dann ist Pause wegen Ostern und dann kommt der zweite Bad Man Day und dann gibt es einen wirklichen Angriff mit Gegenwehr vom „Täter“ – und ANDI ist der „Täter“ AHHHH!! Der Typ hat einen Bizeps von meinem Taillenumfang und arbeitet für eine Spezialeinheit der Polizei. DAS wird heftig werden

panic

Das war also der erste Bad Man Day und der zweite folgte dann am 24. April mit zwei gestellten Szenen – einmal Angriff von hinten mit an die Wand drücken und einmal Angriff in der geschlossenen U-Bahn. Ich habe das – ohne falsche Bescheidenheit – wirklich ganz gut hinbekommen, und durch das damals bereits gestartete Lauftraining für den 5 km Frauenlauf hatte ich schon ein bisschen mehr Power in den Beinen und konnte besser durchhalten. Hier noch ein Foto von unserem zweiten „Haudegen“, den wir zu Fall gebracht haben:

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Jetzt ist der Kurs bereits vergangen – die letzte Stunde war am 8. Mai – doch ein paar von uns haben sich vorgenommen im Herbst wieder zu kommen und bei den Fortgeschrittenen weiter zu machen. Ich bin immer noch und absolut der Ansicht, dass das für jede  Frau eine ganz wichtige Sache ist. Es hat auf jeden Fall mein Leben ein gutes Stück „freier“ gemacht.

 

Also, was habe ich bereits gelernt?

  1. Die Hammerfaust
  2. Den kräftigen „Eiertritt“
  3. Den schnellen Fußkick ins Zentrum
  4. Den Low Kick oder auch Loki genannt – fällt jeden, egal wie groß und schwer
  5. Den hinteren Faustschlag und den Ellbogenkick bei Umklammerung von hinten
  6. Den Ellbogen-Kieferbruch-Schlag

Hier ein paar Impressionen von der letzten Einheit. Bei den letzten zwei Fotos zeigt unser lieber Wolfgang gerade die richtige Armhaltung beim Ellbogen-Kieferbruch-Schlag 😉

Bei der letzten Einheit am Montag waren auch ein paar interessante neue Übungen dabei:

  1. Auf was muss ich achten, wenn ich nach hinten falle? Also, richtiges Falltraining nach hinten gelernt
  2. Wie verteidige ich mich richtig, wenn ich am Boden bin? (Superübung mit Fußtritt unter das Kniegelenk)
  3. Wie stehe ich am schnellsten wieder auf, um weg zu laufen und gebe dabei noch einen Kick ab? Es gibt zwei Versionen – die schwierigere, um gleich wieder in Angriffsposition zu kommen und eine leichtere Version, um schneller weglaufen zu können.

Ich gebe zu, bei den Bodenübungen muss ich aber noch ordentlich üben ;), denn ich bin leider höllisch unbeweglich und steif geworden und habe doch einige Schwierigkeiten um von der Maikäferposition schnell wieder auf die Füße zu kommen. DOCH das werde ich jetzt bis nächsten Montag jeden Tag ein paar Mal üben, denn nächsten Montag ist „BAD MAN DAY“!!!! Und da gibt es die erste wirkliche praktische Verteidigungsübung gegen unseren lieben Trainer Wolfgang. Ich gebe zu, ich bin schon jetzt ziemlich aufgeregt, wie DAS werden wird! Ob ich da vollkommen versage oder mich halbwegs achtenswert schlage 😉 Ich werde euch ganz sicherlich davon ausführlich berichten!

anzug sv kurs

Irgendwie so wird Wolfgang dann nächsten Montag ausschauen und dann dürfen ihn 16 Frauen nacheinander verprügeln. Armer Kerl! 😀

Ach ja, nur zur Info: Hier kann ich euch leider keine weiteren „Anweisungen“ nieder schreiben, weil das muss man wirklich unter Anleitung lernen und üben. Sonst kann man sich nicht nur wirklich verletzen, sondern das ist auch schwer zu vermitteln ohne praktische Anschauung und Kontrolle. Abgesehen davon braucht man zum trainieren einen Partner mit einem Polsterkissen, der auch WEISS, wie man das Kissen richtig hält, damit man den nicht ausgeknockt. Denn das kann absolut vorkommen 😉

Ich gebe es zu, ich empfehle es wirklich jeder so einen Kurs zu machen. Nicht nur ist es eine gute körperliche Ertüchtigung, geistig sehr anregend durch einen hohen Konzentrationslevel (weil man muss da echt seinen Körper kontrollieren, um das effektivste Ergebnis zu erzielen) und es macht Spaß! 🙂 Die 1,5 Stunden vergehen wie im Flug. Und – ganz ehrlich – so besonders fit muss man gar nicht sein, denn es geht viel um Technik und Wiederholung (es sind einige eher „ältere“ Semester bei dem Kurs, wo ich mich noch gar nicht dazu zähle :D)

Und hier nun Teil 2 der Theorieeinheit meines Selbstverteidigungskurses 🙂 In dem Teil geht es vor allem darum, was kann ich tun, um präventiv und vorausschauend zu agieren – bevor ich körperlich aktiv werden muss und welche Waffen kann ich einsetzen? Da sind ein paar wirklich nützliche Tipps dabei.

h) Und nun ein paar Verhaltensregeln im Überblick

                                                      Verhalten

Verfolger                                                                               Notruf national / international

Einzel- / Mehrtäter                                                               Verhalten in der U-Bahn

Hilfseinrichtungen                                                                Straßenbahn

Lokal / Geschäfte                                                                    Autobus

Telefonzelle oder Handy                                                       S-Bahn

Personenbeschreibung                                                          Taxi

Schlüsselfalle                                                                            Selbstverteidigung

Über den Einzeltäter wurde hier schon einiges berichtet. Doch was macht frau, wenn sie in so eine Situation kommt, wie bei der Silvesternacht in Köln? Viele Täter, die einen umkreisen und alle hin grapschen?

Und wieder kommt der gute Wolfgang zu Wort: „Hier geht es wieder um eine Sache: es geht um euer Leben, und um nichts anderes. D.h. ich muss nicht schauen, dass ich mich wehre, indem ich herum haue, sondern dass ich aus der SITUATION RAUSKOMME! Ich muss schauen, dass ich dort wegkomme! Mein ZIEL muss ein anderes sein. Nicht die Hände abwehren, SONDERN WEG VON DORT. Bei Gesprächen mit Zeugen kam immer die gleiche Antwort „Es waren so viele, was hätten wir tun sollen? Die hätten wir nie besiegen können.“ Das war der falsche Ansatz: es hätte gereicht, die Frauen aus dem Kreis rauszubekommen, egal wie oft man sie angegrapscht hätte. Sie hätten vor allem aus der Situation raus gebracht werden müssen.

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Über Hilfseinrichtungen, Lokale und Geschäfte habe ich auch früher schon einiges berichtet, doch was ist nun mit der Frage Telefonzelle oder Handy? Und die Antwort hat – uns alle – dann doch ziemlich erstaunt:

„Nehmt die Telefonzelle. Es gibt davon c. 2.300 in ganz Wien. Sie sind gut beleuchtet, sie sind an einem fixen Standort, an exponierten Stellen und ein Notruf ist ohne Münzeiwurf möglich. Abgesehen davon hat jede Polizeistation sofort den Standort auf ihrem Bildschirm, wenn ein Notruf von einer Telefonzelle kommt. Sie haben sofort die Adresse. Bei einem Handy müssen sie mal orten und die Ortung funktioniert auch nur auf ca. 400 Meter. Der Typ kann euch auch einfach das Handy abnehmen, und was dann? Eine Telefonzelle hat immer den gleichen Standort. Verwendet das Handy dafür, dass ihr es dem Typen ist Gesicht werft, verwendet den Hörer von der Telefonzelle und schlagt ihm auf den Kopf oder auf den Hals. Die Polizei hat euch bereits geortet. Also, eine Telefonzelle ist besser. Und dazu kommt gleich: Umgebung kennen lernen! Wo sind Telefonzellen auf meinem Weg.“

Und tatsächlich: ich bin heute in der Stadt unterwegs gewesen und habe mal genauer hingeschaut. Sie sind wirklich da 😉 Nur sehen wir sie meistens nicht mehr, weil wir sie nicht (mehr) benötigen. Aber hier ein paar Beispiele, damit ihr wisst, wie so was doch gleich noch mal ausgeschaut hat 😀

Personenbeschreibung: Oh ja, ein wunderbares Thema und auch hier habe ich ein paar tolle Tricks und Kniffe gelernt. Ich bin nämlich jemand, der überhaupt nicht auf die Kleidung oder sonstiges bei anderen Menschen achtet. Ich würde bei der Frage „Und was habe ich heute angehabt, Schatz?“ sofort in die Falle tappen. Ich achte auf das einfach nicht.

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ABER das ist auch nicht so wichtig, wie ich jetzt weiß 😉 Denn bei einer Personenbeschreibung eines Angreifers achtet ihr auf folgendes:

  • die Schuhe: Tja, glaubt es oder nicht. Aber die Schuhe werden kaum weggeschmissen, alle anderen Kleidungstücke (v.a. Oberbekleidung) sehr wohl und die Jacken sind meistens Wendejacken.
  • die Hose: Diese wird meist ebenfalls seltener gewechselt.
  • die Größe: Versucht gar nicht erst zu schätzen, wie groß der Typ war. Achtet lieber darauf wie groß er im Verhältnis zu anderen Gegenständen ist, z.B. eines Postkasten, eines Autos, usw. Das hilft viel mehr, um die richtige Größe ermessen zu können. Ich bin natürlich gleich durchgefallen, denn als Wolfgang fragte, wie groß er denn sei, habe ich gemeint „1,72m“ Uuhhh! Er war doch um 10 Zentimeter größer. Okay, ich bin am Boden gesessen, aber trotzdem. Es ist wirklich nicht so leicht 😉
  • spezielle Merkmale im Gesicht: Eh klar, Haarfarbe, Haarschnitt, Bartwuchs, besondere Merkmale. Bei Bart könnte man zwar sagen, den kann er sich ja abrasieren, ABER bei einem Notruf wird in einem Radius rund um den Tatort gesucht – und das sofort – d.h. er hat nicht wirklich Zeit, um sich seinen Bart abzurasieren.

Schlüsselfalle: Über die habe ich auch schon einiger im ersten Teil berichtet: versucht nicht zu rennen und glaubt dann, ihr könnt ruhig die Türe aufsperren. Ein weiterer guter Hinweis: versucht auch nicht, euch einen Schlüssel mit dem Bart zwischen zwei Finger zu klemmen, damit ihr so etwas wie eine stumpfe Stichwaffe habt. Am ehesten verletzt man sich gehörig dabei – Wolfgang hat es selber ausprobiert und sich dabei die Seitensehne am Mittelfinger gerissen. Da ist es schon fast besser, man wirft dem Angreifer den Schlüssel ins Gesicht, als in mit der Methode versuchen abzuwehren.

Notruf national und international: Das war auch interessant. „Merkt euch nur eine Nummer, und das ist die 112. Das ist der Euronotruf. In so einer Ausnahmesituation fällt euch in den seltensten Fällen die richtige Nummer der Polizei ein – natürlich leiten alle gleich weiter, aber da vergehen dabei wertvolle Sekunden, wenn nicht gar Minuten. Auch ist es mir schon einmal passiert, dass ich bei 133 in der Warteschleife hing. Das kann vorkommen. 112 hat den Vorteil, dass sie sofort alles an die richtige Stelle weiterleiten. D.h. ein Anruf und ich bin dort, wo ich hinwill und das in ganz Europa.“

Verhalten in der U-Bahn: Jetzt kommt ein heißes, langes Thema. Wir fahren alle viel mit der U-Bahn. Wie verhält man sich richtig? Hier gib es auch ein paar Fallbeschreibungen von Vergewaltigungsopfer, die uns leider alle aus der Zeitung bekannt sind: was hätte man da anders machen können? Aber zuerst einmal der allgemeine Verhaltenskodex in der U-Bahn.

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Im Zug: Seid immer in der Nähe des Notknopfs und der Notbremse. Diese gibt es bei jedem Ausgang. Wenn ihr die Notbremse zieht, dann bleibt die U-Bahn nicht plötzlich im Tunnel stehen, sie fährt immer bis zur nächsten Station. Also, ihr seid nicht mit einem Irren in einem Waggon mitten in einem Tunnel gefangen. Wenn der Notknopf oder die Notbremse gezogen werden, passieren gleichzeitig mehrere Dinge:

  • Ihr habt sofort Sprechkontakt mit dem Fahrer.
  • Alle Kameras schießen normalerweise 12 Bildern / Sekunde. Wird die Notbremse gezogen, machen die Kameras 18 Bilder / Sekunde und die Fotos werden sofort an die Leitstelle weitergeleitet UND sie sind nicht mehr löschbar. Sonst wird alles nach 48 Stunden gelöscht. Hier der Link zu den Wiener Linien, der das noch einmal genau erklärt http://www.wienerlinien.at/eportal3/ep/programView.do/pageTypeId/66526/programId/81265/channelId/-54743
  • Die Kamera setzt einen automatischen Marker, damit werden die Bilder nicht mehr automatisch gelöscht.
  • Die Leitstellen wird sofort alarmiert.

Was also hätte die Frau damals in der U6 anders machen können, als sie um 18.00 von diesem Irren niedergeschlagen und vergewaltigt wurde? Wolfgang dazu: „Natürlich rechnet man mit so etwas ganz und gar nicht. Sie war wirklich zur falschen Zeit am falschen Ort. Wenn man etwas dazu sagen kann, dann ist sie falsch gestanden und gesessen. Wenn ihr alleine in einem U-Bahn Waggon seid, dann bleibt bei der Tür in der Nähe der Notbremse stehen, und wenn ein Typ euch komisch kommt, dann greift einfach mit der Hand in den Zughebel der Notbremse hinein und fragt ihn, ob er das wirklich so haben möchte. In dem Fall der Frau in der U6 hätte sie die Notbremse gezogen, obwohl er sie niedergeschlagen hat, denn der Greifmechanismus wirkt da sehr gut.“

Notfallssystem in der Wiener U-Bahn

In der Station: auch hier sollte man sich immer in der Nähe des Nothebels und der Notbremse aufhalten. Es gibt in jeder Station mindestens einen, meistens mehr. Sie befinden sich gleich in der Nähe der Anzeigetafeln und des Feuerlöschers. Hier zwei Beispiele aus der U3:

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Was passiert hier? Wenn ihr hier den Notrufknopf drückt oder den Hebel zieht, dann werden alle Züge automatisch gestoppt und keiner fährt mehr in die Station ein – das ist vor allem auch, wenn Leute auf die Gleise fallen – weiters richten sich sofort alle Kameras auf die aktivierte Notrufstelle und nehmen sofort unlöschbar mit 18 Bilder / Sekunde auf. Außerdem wird sofort die Leitstelle und die Stationsaufsicht verständigt und es meldet sich jemand über den Sprechfunk.

Im Surrounding der Stationen: Hier wurde dann der Fall von der jungen Frau angesprochen, die am Praterstern von vier Männern auf einer Toilette vergewaltigt wurde. Der „Fehler“ – und ich setzte das sehr bewusst in Anführungsstriche – war damals, dass sie alleine in die WC-Anlagen gegangen ist, am Praterstern um 3.00 in der Früh. Die Freundin hat draußen gewartet und nichts davon mitbekommen. „Also, wenn es denn unbedingt sein muss, dann geht NICHT ALLEINE. Und wenn es zu einem Vorfall kommt, dann soll die Freundin auch nicht helfen, sondern sofort davonlaufen und die Polizei verständigen. Alles andere ist falscher Heroismus. Die andere hat nur eine Chance, wenn ihr so schnell als möglich von, dafür ausgebildeten, Kräften geholfen wird.“

Verhalten im Bus und der Straßenbahn: Tja, hier gibt es nur einen guten Platz und der ist – vor allem Abends – in der Nähe des Fahrers. Weiters sind auch schon viele Busse mit Videoüberwachung ausgestattet.

In der S-Bahn: Sie funktioniert wie die U-Bahn bezüglich Notfallsystemen. Also, in der Nähe der Notbremse aufhalten.

Taxi: Ja, irgendwie habe ich mir immer gedacht, in einem Taxi bin ich doch sicher. Nun, bis ich dann den Fall von der einen Frau gelesen habe, die nach einer feuchtfröhlichen Nacht im Taxi eingeschlafen ist und dann vergewaltigt wurde. Also, eine kleine Sicherheitsmaßnahme bei Taxifahrten: macht ein Foto von dem Kennzeichen des Taxis und steigt erst dann ein. Um am besten ist es, wenn der Fahrer das auch mitbekommt. Ihn dürft ihr nicht fotografieren – Schutz des Einzelnen – aber auf jeden Fall das Taxi.

Unterwegs per Fahrrad: Bei FahrradfahrerInnen gilt das gleiche wie bei Fußgängern. Denn man ist relativ leicht von einem Fahrrad herunter gerissen. Also, auf beleuchteten Wegen fahren, dunkle Gassen meiden, Achtung auf die Umgebung und lieber einen Umweg nehmen, als eine verhängnisvolle Abkürzung.

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Selbstverteidigung:

Nein, wir kommen noch immer nicht zu den Kicks und Tritten und ran an die Weichteile-Part, sondern zu Waffen 🙂

Welche Waffen funktionieren also und welche nicht so gut?

Pfefferspray: Ein Pfefferspray ist nichts anderes als Cayennepfeffer mit Treibmittel versetzt. Das eine ist ein Lebensmittel, das andere bedarf spezieller Wartung, damit es reibungslos funktioniert. Ein Pfeffersprach gehört ein Mal pro Tag geschüttelt (Treibmittel), es muss VOR der Verwendung geschüttelt werden (!) und es hat ein Ablaufdatum, auf das man auch achten muss (Lebensmittel und Treibmittel). An sich hat uns Wolfgang erzählt, dass die Polizei ca. 20 Stunden Training am Pfefferspray hat, damit sie ihn wirklich effektiv einsetzen kann (!!). Auch bei GWD wird es ab Herbst einen Fortgeschrittenenkurs geben, der den richtigen Umgang mit Pfefferspray lehrt. Also, Pfefferspray ist nicht unbedingt die erste Wahl. Wenn aber doch, dann zwei gleiche kaufen und mit dem einen üben – damit man weiß, wie er reagiert, was er macht wie er funktioniert, etc.

Taschensirene: Gute Sache, aber auch hier auf Batteriestatus achten. Und es ist in dem Sinne keine Waffe, sondern dient zur Störung der Situation und zum Aufmerksamkeit erhöhen. Ich habe mit jetzt eine für € 7,99 beim Müller gekauft. Hat 110 dB (ist ca. so laut wie das Kreischen einer Kettensäge in 1 m Entfernung) und zwitschert wie ein großes, übergewichtiges Vögelchen 😉 Einfach den Mettalstift raus ziehen und los geht es. Ich habe meinen direkt an der  Tasche montiert, damit ich gar nicht lange suchen muss.

Taschenalarm von Lilome

Messer, Schusswaffen: Davon wird abgeraten, da man bei ersterem einiges an Übung benötigt und bei zweiterem einige rechtliche Vorschriften erfüllen muss.

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Tazer oder Elektroschocker: Es gibt zivile Tazer, die auch erlaubt sind. Nur für den Unterschied: die Polizei hat Tazer mit 3 und mehr Schuss, der zivile darf max. 2 Schuss abgeben und sie sind natürlich nicht ganz so stark, wie die polizeilichen. D.h. es kann passieren, dass ich durch eine dicke Winterjacke mit dem Tazer gar nicht durchkomme. D.h. ich brauche am besten direkten Hautkontakt, um ihn effektiv einzusetzen, aber gerade den will ich ja nicht haben – so nahe soll mir der Typ ja gar nicht kommen.

Kubotan: Ah, jetzt kommt meine neue Lieblingswaffe 🙂 Ich habe mir gleich im Kurs eine gekauft. Was ist ein Kubotan? Ein Stift aus Hartplastik oder Metall mit einer abgerundeten Spitze dran. Hier ein Foto. Ach ja, und gleich vorneweg: am Schlüsselbund ist es ein Schlüsselanhänger, ohne irgendetwas ist es eine Waffe.

Also, erstes  Bild ist eine Waffe. Am zweiten Bild seht ihr einen Schlüsselanhänger 🙂

Warum ist das die beste Waffe für die Selbstverteidigung von allen angeführten? Sie hat drei große Vorteile gegenüber den anderen genannten.

  1. Sie braucht keinen Wartungsaufwand, wie schütteln oder drücken, oder Ablaufdatum beachten.
  2. Sie ist immer einsetzbar und kann nicht einfach irgendwann aufhören, weil sie keine Batterie mehr hat.
  3. Sie funktioniert immer und es ist (fast) egal wie groß oder schwer der Angreifer ist.

Warum? Der Mensch hat über 200 Nervendruckpunkte im Körper und auf diese sticht man ein. Und natürlich ist es auch wunderbar einsatzbar für Gesicht, Ohren, Augen, Hals, sonstige Weichteile, Gelenke, etc. So hält man den Kubotan:

Kobutan in action by Lilome

Hier ein Link zu dem Thema Nervendruckpunkte: https://de.wikipedia.org/wiki/Nervendruckpunkt und hier eine Abbildung von einigen  solchen am ganzen menschlichen Körper. Na, irgendeinen davon erwischt man ja hoffentlich 😉

Nervendruckpunkte am menschlichen Körper - danke Kogakure.com

Wo bekommt man nun so einen Kubotan?

Ich habe meinen ja gleich direkt im Kurs gekauft, aber für euch eine ganz nette Seite von einem Kubotan-Shop in Österreich gefunden: https://www.kubotanshop.at/

Da gibt es verschiedene Kubotans zum bestellen, Videos, Einführungsmaterial, eine Blog, usw. Hier kann man online bestellen. Einfach mal reinschauen und durchschmökern. Das schaut ganz nett aus, finde ich. 🙂

So, und nun zum Abschluss: Gibt es ein Patentrezept?

Nein, aber die Chancen sind besser mit diesen Tipps und Tricks und natürlich den 25 verschiedenen Selbstverteidigungsgriffen, die ich noch lernen werde in den nächsten 9 Einheiten. Denn, wie Wolfgang so schön gesagt hat: „Sieg und Niederlage spielen sich im Kopf ab. Entweder ganz oder gar nicht. Und regelmäßiges Training erhöht die Automatisierung und die Chancen.“ Wie ich meine, auch wenn man sich einfach darauf trainiert ein bisschen achtsamer seiner Umgebung gegenüber zu sein.

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Die neue Parole!

Fazit von meiner Seite: Ich war sehr begeistert. Auch wenn das Thema ein hartes ist und ich einige Male ziemlich schlucken musste: für mich hat es sich schon jetzt ausgezahlt. Natürlich kamen auch die Fragen: „Warum muss ich das alles machen? Warum muss ich permanent aufpassen?“

Wolfgang sagte dazu: „Ihr müsst gar nichts. Es soll euch nur helfen aus bestimmten Situationen rauszukommen und euer Leben zu retten. Manche Sachen macht ihr ja auch nicht, obwohl ihr sie könntet, wie z.B. auf dem Mittelstreifen der Südosttangente im Frühverkehr spazieren gehen. Es ist eine Einstellungssache.“

Ich sehe das ganze wie eine Versicherung. Ich bezahle eine Haushaltsversicherung für den möglichen Fall, dass die Wohnung ausgeräumt wird oder ein Feuer ausbricht oder es eine Überschwemmung gibt. Dabei geht es nur um meine Sachen. Hier schließe ich auch so etwas wie eine Versicherung ab -in Form von Information und Wissen und Möglichkeiten – und die können mir mal das Leben retten, auch wenn es hoffentlich nie so weit kommen  wird.

letzten Montag war es nun endlich soweit: „einen Selbstvereidigungskurs absolvieren“, wo ich später wirklich schwere Jungs vermöbeln darf 😀

gwd-logo

http://www.gwd.at/GWD2016/index.php/selbstverteidigungskurse/standorte-und-termine

Doch in der ersten Einheit ging es noch nicht um körperliche Betätigung, sondern um theoretisches Grundwissen zu der Thematik. Und das möchte ich euch auf jeden Fall mit euch teilen und euch ans Herz legen. Ich finde – nach dieser ersten Stunde – jede und jeder sollte das wissen, v.a. in unserer heutigen Zeit, muss ich leider sagen.

Hier geht es nicht darum, euch Angst zu machen, sondern viel mehr darum, gewissen Situationen nicht hilf- und machtlos ausgeliefert zu sein. Ich hoffe, ich bekomme das hin 😉 Denn es ist schon ziemlich heftig, und manchmal nur schwer zu verdauen.

Also, hier eine eher ausführliche Zusammenfassung über das Thema Selbstverteidigung bei sexuellen Übergriffen.

(Bitte lesen und – wenn es euch zusagt – auch weiterleiten. Ich finde das sollten so viele Frauen – und Männer – wie möglich wissen)

1. Es geht NUR um die Abwehr von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen

Das ist ganz wichtig zu wissen – und auch hart so hinzuschreiben – denn es hat einiges mit den Täterprofilen und das Verhalten gegenüber diesem Täterprofil zu tun. Es geht hier NICHT um einen klassischen Überfall, wo das Stehlen von Wertgegenständen im Vordergrund steht.

Ich muss ja ehrlich sagen, als unsere (sehr sympathischer) Kursleiter Wolfgang uns das so vor den Latz geknallt hat, war ich im ersten Moment schon schockiert – vor allem, weil ja jede Frau damit so ein eigenes Thema hat.  Doch mit der Zeit gewöhnt man sich daran und die mögliche Gefahr ist nun mal da und geht auch nicht weg, so sehr ich mir das auch wünschen mag – also keine Vogel-Strauß-Politik mehr 😉

Wolfang beim GWD Vortrag - erste Stunde
Das ist Wolfgang 🙂

2. Was sind die drei großen „Techniken“?

  • Prävention
  • Früherkennung
  • Selbstverteidigungstechniken

Bevor es aber überhaupt zu einem Körperkontakt in Form von Abwehrmaßnahmen kommen muss, kann man schon vieles vorher beachten, vermeiden und einfach tun. Und um das geht es in diesem Blogbeitrag.

Also, was gibt es für Abwehrmaßnahmen?

a) Keine Ohrstöpsel! Kein Versunken sein ins Handy! Aufmerksamkeit gegenüber meiner Umgebung!

Das wurde mehr als einmal in unsere Ohren getremmelt. Es ist wohl das Dümmste, dass Frau machen kann, sich mit Ohrenstöpseln und Musik in voller Lautstärke jede Möglichkeit zu nehmen, überhaupt zu hören, wenn da was rund um sie passiert. Auch das versunkene Starren auf das Handy – gerade zu bestimmten Tageszeiten – und damit jegliche Aufmerksamkeit von der Umgebung auf das Display zu lenken, ist vollkommen „schwachsinnig“ (O-Ton Wolfgang)

Eine – der vielen noch kommenden – Geschichten eines Vergewaltigungsopfers: „Ich habe gar nicht gemerkt, dass er hinter mir war. Plötzlich war er da und hat mich gepackt“.  Wolfgang hat uns dann nur erzählt, dass sie aufgrund von Aufnahmen aus Überwachungskameras genau sehen konnten, dass der Vergewaltiger seinem Opfer schon DEN GANZEN TAG gefolgt war; er war mit ihr im Cafehaus, in der Buchhandlung, etc. Und dann zum Schluss des Tages hat er sie sich dann geschnappt. Soviel zum Thema Aufmerksamkeit – und da kommt noch ein bisschen mehr davon…

Apropos, was ich bis jetzt auch nicht gewusst habe: beim Bankomaten gibt es einen „Rückspiegel“. Ich dachte ja immer, dass diese kleine, gebogene Spiegelgeschichte da über der Tastatur die KAMERA ist, aber es ist ein Spiegel, der euch zeigt, wer hinter euch ist. Ich werde das nächste Mal sicher drauf achten 😉

b) Körpersprache und Ausstrahlung

Da die Jungs sehr eng mit der Polizei zusammenarbeiten UND teilweise auch von der Polizei sind, haben sie auch Einblicke in die Täterprofile und Verhaltensweisen von Sexualstraftätern. Und eines wurde aus den Studien herausgefiltert: Vergewaltiger suchen sich OPFER aus. Wenn ich als Frau selbstbewusst und aktiv auftrete, dann wird er mich (in den meisten Fällen) gar nicht auswählen. Vergewaltiger suchen sich fast ausschließlich Opfer mit passiver Körperhaltung aus.

c) Taktisches Verhaltensmuster

Hört auf euren Bauch. Er sagt euch eh meistens, dass irgendwas oder irgendwer nicht koscher ist. Und hört wirklich drauf!“ Wenn ich also das Gefühl habe, dass ich dort und dort nicht langgehen sollte, dann sollte ich es auch nicht tun! Weiters kleine, dunkle Gassen vermeiden, auf den großen, besser beleuchteten aktiveren Hauptstraßen bleiben (auch wenn das ev. einen Umweg von ein paar Minuten bedeutet).

Muss ich durch eine kleine, dunkle Gasse (meistens eine Einbahn), dann in der Mitte von der Straße gehen UNTER der Straßenbeleuchtung. Kein Vergewaltiger wird mich mitten auf der Straße im hellsten Schein angreifen. Abgesehen davon: wenn es zu einem Überfall kommt, und ich schreie, dann werden mich die Leute aus den Häusern – die ja alle „nicht schauen“ (O-Ton Wolfgang) 😉 – dort viel besser und eher sehen, als wenn ich mich an der Hauswand entlang drücke, wo man mich leicht in eine dunkle Hauseinfahrt zerren kann.

Die klassischen Verhaltensmuster anwenden: Straßenseite wechseln (mehrmals, wenn nötig), langsamer werden, schneller gehen, etc. Wenn er in deinem Tempo bleibt, kannst du gleich den Notruf tätigen UND dich in Sicherheit bringen.

Der sicherste Ort in solchen Situationen: ein Puff. Nein, lacht nicht! 🙂 Wenn man es sich ein bisschen überlegt, ist das eigentlich ganz klar. Die Frauen – und auch die Türl-Steher passen sicher auf dich auf und beschützen dich auch, weil sie als letztes die Polizei im Haus haben möchten. Aber was macht man, wenn gerade kein Puff zur Verfügung steht? Alles andere, was Schutz bietet: Lokale, Polizeistationen, Krankenhäuser, Tankstellen. Alles wo Menschen, Licht und Aufmerksamkeit herrscht. Das letzte, was diese Menschen wollen ist Aufmerksamkeit.

Kennt euer Umgebung! Wisst ihr alle Namen in eurer Umgebung per Namen? Was nützt es euch, wenn ihr es schafft, den Notruf zu betätigen, und dann könnt ihr nicht sagen, wo ihr genau seid. Checkt eure Umgebung – vor allem, in der ihr fremd seid – wie heißt die Straße, wo ist das nächste  Lokal, wo kann ich im Notfall Schutz suchen?“

Ich kenne ja meine Straßennamen rund um meine Wohnung, aber beim Rest? Wir gehen oft einen Weg, den wir kennen, haben aber keine Ahnung, wie die Straße eigentlich heißt. Nun, in nächster Zeit werde ich sicherlich so einige Straßennamen kennenlernen 😉

d) Aktives Verhalten bei Übergriff

Schreit! Und hört nicht mehr auf zu schreien.“ Das hat mehr als einen wichtigen Effekt:

  1. Aufmerksamkeit – ganz klar. Ich mache auf mich aufmerksam, v.a. wenn ich schreie und schreie. Irgendwann stört das sicherlich jemanden, oder er merkt, dass es (doch) ernst ist.
  2. Diese Art von Tätern mögen ganz sicher keine Aufmerksamkeit. Das Opfer ist kein Opfer und es ist laut. Die Chance, dass sie ablassen, ist gar nicht so klein.
  3. Wir reagieren fast alle bei einem Schock wie das Reh im Scheinwerferlicht. Wir erstarren und halten die Luft an. „Aber mit angehaltener Luft könnt ihr nicht lange kämpfen. Kein Sauerstoff für das Blut, etc.  Euch wird sehr schnell die Kraft ausgehen. Aus dem Grund schreit! Beim Schreien müsst ihr ausatmen und das heißt, dass ihr auch wieder einatmen KÖNNT. Atmen gehört zum Bewegen dazu und zum Kämpfen.“ Also, ich weiß ja, dass ich nicht schreien kann – und nach einem Blick in die Gesichter meiner Mitstreiterinnen, sah ich da die gleichen Zweifel. Sind wir nicht dazu erzogen worden, immer hübsch leise und adrett zu sein? 😉 Aber Wolfgang beruhigte uns gleich: „Ich gebe euch mein Wort, dass fast alle von euch, bei dem ersten Bad Man Day (also wirklicher Angriff auf eine Person) keinen Ton rausbekommen wird und sich auch nicht trauen wird, hinzuhauen. Aber das lässt sich üben und das werden wir auch üben. Das hier wird sicherlich kein Schrei-Workshop, aber wir werden das Atmen üben und dann kommt das Schreien von ganz alleine.“ Beruhigend! Ich lasse mich überraschen 😉
  4. Aktiv werden: Schlagen, treten – vor allem in alles, was der Mann nicht anspannen kann, also Eier, Nase, Augen. Ran an die Weichteile und Nervenpunkte. Und dann schauen wir uns noch den Einsatz von Waffen an.“ Irgendwie wurde mir dabei doch etwas mulmig, aber ich bin zu allem bereit 😉 Also weiter im Text!

d) Ein paar statistische Zahlen

Diese Zahlen stammen zwar aus dem Jahr 2015, aber besser ist es sicherlich nicht geworden. Von § 201 bis § 220 Strafgesetzbuch ca. sind die Sittlichkeitsdelikte aufgeführt, wenn jemand mal nachlesen will, was da so alles dazu gehört.

Zahlen nach Fakten Österreich:

2.414 Anzeigen Sittlichkeitsdelikte (2015)

410 nach Vergewaltigung § 201

245 gelöste Fälle

Anzeigen in Wien davon: 1.315 Anzeigen wegen Sittlichkeitsdelikten

Und da reden wir von den ANGEZEIGTEN Fällen, die Dunkelziffer ist wahrscheinlich noch einmal so groß. Das ist mehr als eine Vergewaltigung pro Tag. Da ist ein bisschen Selbstschutz wohl doch ziemlich angezeigt. (Ach ja, und bei Vergewaltigung nach § 201 geht es, wenn ich es noch richtig in Erinnerung habe, NUR um Vergewaltigung von Fremden…)

Okay, möglicherweise habe ich doch keine Chance, euch KEINE Angst zu machen, aber die Tastsachen lassen sich nun mal nicht wegzaubern, auch wenn man das noch so sehr möchte. Ich habe mich auf jeden Fall dazu entschlossen, wenigstens eine Möglichkeit zu haben 🙂 und ich kann euch jetzt schon verraten, ich bin nach den 1,5 Stunden mit einem Selbstbewusstsein rausgegangen (und übrigens nicht nur ich), das war echt bemerkenswert. Denn jetzt hatte ich plötzlich wenigstens ein paar sehr gute Möglichkeiten in der Hand, mich aktiv zu wehren 😉

e) Das Sexualtäterprofil

Ist der Sexualtäter erkennbar, einschätzbar, kommunikativ? Drei Mal ein lautes „Nein“. Und die Jungs sollten es wohl wissen. Also, eine kurze Einführung in die Psyche so eines Menschen (auch wenn es doch wirklich schwer fällt, ihn als „Menschen“ zu sehen):

Ein Sexualtäter ist

  • sensibel
  • unauffällig
  • krank
  • nicht kommunikativ
  • und nicht einschätzbar in seinen Handlungen, da keine Ahnung von seinen Vorlieben
  • AUSSER, dass er seinen Trieb befriedigen MUSS – das ist seine Krankheit – wie als wäre er auf Drogenentzug.
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Für einen Sexualtäter bist du kein Mensch sondern nur sein nächster „Schuss“ sozusagen. Du bist das Objekt, mit dem er seinen Trieb stillen  „muss“. Und das will er vor allem ohne großes Aufsehen machen.  Aus dem Grund wird er sich auch „Opfer“ suchen; wenn du schwierig bist, wird er ablassen uns sich ein Neues suchen. Auch wird ein Sexualtäter dich vor der Tat in den meisten Fällen nicht verletzten, schlagen oder sonstiges (Ausnahmen bestätigen leider immer die Regel, wie man bei dem Fall in der U6 gesehen hat, aber dazu komme ich später noch genauer), aber die meisten wollen ihre Opfer unversehrt haben. Danach ist es eine ganz andere Geschichte…

Und jetzt ganz schwer zu schluckender Toback:

Schon bei der Einführung in die erste Stunde haben wir folgende Worte gehört, die ich euch jetzt auch nicht mehr vorenthalten möchte.

„Wir reden hier nur über sexuelle Übergriffe, weil es dabei um euer Leben geht und nicht nur um eine körperliche und seelische Verletzung. Es kann zu einer Frage auf Leben oder Tot kommen. Aus dem Grund kämpft mit allem was ihr habt und dann noch ein bisschen mehr. Mein alter Ausbildner hat immer  gesagt: „Besser von 12 verurteilt, als von 6 getragen“. Aus dem Grund macht euch keinen einzigen Gedanken darüber, was das Gesetz als Folge sagen oder machen kann. Wenn es zu so einer  Situation kommt, setzt alles ein, was ihr könnt, um euch zu befreien und zu schützen und v.a. da wieder raus zu kommen. Und dann setzt noch ein bisschen mehr ein.  Denn eines muss man bei dieser Art von Tätern wissen: sie sind krank und sie können nicht sehr gut mit Stress und Angst umgehen. Am Anfang gibt es nur den Trieb, und den müssen sie befriedigen. Nach der Tat gibt es nur noch Angst. Es kommt zu einer Kurzschlusshandlung. Und das bedeutet für sie – da sie genau wissen, was ihnen im Gefängnis blüht, wenn sie geschnappt werden – auf jeden Fall dem Opfer die Schuld zu geben, aber im besten Fall den einzigen Zeugen zu beseitigen, indem sie ihn töten. D.h. wehrt euch und wehrt euch und wehrt euch – auch danach – damit er von euch ablässt.“ (Anmerkung der Schreiberin: im Gefängnis gibt es eine Hierarchie: an untersten Stelle sind die Kinderschänder, an zweitniedrigster Stelle die Vergewaltiger. Ich glaube, jeder weiß ca., was mit denen dann so passiert. Übrigens Fritzl – ihr wisst – darf nur dann eine Stunde aus seine Zelle, wenn ALLE anderen weggesperrt sind, weil sie genau wissen, dass er innerhalb von 10 Sekunden tot wäre. Die Insassen, die solche umbringen, haben ein sehr hohes Ansehen und steigen in der Hierarchie massiv nach oben. )

Nicht sehr leiwand, dass so drastisch  zu hören, aber – wie ich finde – eine ganz wichtige Aussage.

f) Tatorte

Wolfgang hat uns gefragt, welche Orte -unserer Meinung nach – die Täter bevorzugen. Hier die Statistik dazu:

  • Auto                        5,5, %
  • Park, Garage        7,5 %
  • Wohnung            24,5 %
  • Gasse, Straße     29,5 %
  • Stiegenhäuser   33,0 %

Wieder reden wir hier nur von fremden Personen. Bei der Wohnung sind es jene Personen, die wir selber in die Wohnung einladen. Wir lernen jemanden kennen und sagen „Na, komm halt noch auf einen Kaffee hinauf.“

Zum Thema Straßen und Gassen habe ich zu Beginn schon einiges bemerkt. Zum Thema Stiegenhäuser gibt es noch einiges Wissenswertes zu sagen: Warum sind die Stiegenhäuser so „beliebt“?

Und wieder kommt Wolfgang zu Wort:

„Nehmen wir den Fall an, ihr werdet auf der  Straße verfolgt. Es gibt keine Möglichkeit, dass ihr euch vorab in Sicherheit bringt, in einem Lokal oder sonst wo. Und hier beginnt der Trugschluss. Die Frauen glauben, wenn sie im haus sind, dann sind sie sicher. Aber erstens seid ihr nervös, habt Panik und Angst, also wird schon das  Aufsperren mehr zeit als üblich brauchen – Zeit für den Typen euch einzuholen. Nehmen wir aber an, ihr schafft es, sperrt auf und flüchtet ins Haus, aber die Tür fällt nicht gleich ins Schloss. Alle Türen haben diese Sicherheitsdämpfer. Dadurch schließen die Türen nur langsam – und glaubt nicht ihr könntet sie so einfach zudrücken. Es braucht ca. 80 kg Lebendgewicht, um so eine Tür schnell zu schließen. Und wenn der Typ seinen Fuß hineinstellt oder mit der Hand dagegen drückt, dann habt ihr überhaupt keine Chance. Dort erwischt er euch dann – und auch der Keller ist das Stiegenhaus. Wenn ihr schreit: wie viele Nachbarn kennt ihr wirklich persönlich? Und kann man einen Schrei orten – auch wenn er im eigenen Haus ausgestoßen wird? Auch ist es für die Polizei viel schwieriger euch zu finden. Auch wenn ihr es geschafft habt, einen Notruf abzusetzen und sie kommen auch schnell daher, WO sollen sie euch suchen in einem möglicherweise großen Wohnkomplex? Also, nie glauben, ihr seid in Sicherheit, nur weil ihr die Haustür erreicht habt.

Und gleich noch etwas zu dem Thema Haustüren und Aufsperren. Glaubt nicht, ich könntet so einfach davon laufen und DANN auch noch ruhig und zeitsparend eine Schlüssel ins Schloss stecken, aufsperren, die Tür zudrücken, etc. etc. Es funktioniert nicht.“

Also, Achtung bei kleinen Gassen, dunklen Hauseingängen und nicht glauben, wenn ich es ins Haus schaffe, dann bin ich in Sicherheit.

g) Noch eine – gute  – Statistik

  • von 10 Frauen, die sich wehren, wurden 8-9 NICHT vergewaltigt
  • von 10 Frauen, die sich NICHT gewehrt haben, wurden 8-9 vergewaltigt

Warum 1 bis 2 nicht? Weil der Täter dann meistens gestört wurden, von einem vorbeifahrenden Auto, einem Fahrradfahrer, anderen Fußgängern, usw. Das zeigt wieder, dass sie sich leicht irritieren lassen und eher ablassen, wenn es eine Störung gibt. Also, wehrt euch, schreit und stört den -tschuldigung – verdammten Hurensohn!

Okay, das ganze ist doch umfangreicher, als ich es mir am Anfang gedacht habe. Aus dem Grund will ich mir und euch jetzt eine Pause gönnen und euch im nächsten Blogbeitrag, der morgen folgt, den zweiten Teil berichten:

Wie verhält man sich denn jetzt in bestimmten Situationen und Lokalitäten? Was macht man, wenn es mehrere Täter gibt, verwendet man sein Handy oder doch lieber eine Telefonzelle, was für Tricks und Tipps gibt es in U-Bahnen, welchen Notruf wählt man denn jetzt am besten und wie schaut es mit dem Einsatz von Hilfsmitteln wie Pfefferspray und Co. aus?